Der Fiat Mefistofele - Rekordfahrzeug mit abenteuerlicher Geschichte Der Fiat Mefistofele ist das Produkt einer Epoche, in der mit großem Einsatz Jagd auf den Geschwindigkeitsweltrekord gemacht wurde. Fast im Monatstakt stellten tollkühne Piloten neue Bestwerte auf, unter nach heutigen Maßstäben abenteuerlichsten Bedingungen. Einer dieser Hasardeure war der Brite John Eldridge. Er kaufte 1922 ein bereits 14 Jahre altes Grand-Prix-Rennfahrzeug, das kurz zuvor auf der Rennstrecke im englischen Brooklands mit einem spektakulären Motorschaden auf sich aufmerksam gemacht hatte.
Eldridge ersetzte das Aggregat des Fiat GP-Renners durch einen ebenfalls von Fiat stammenden Motor aus einem Kampfflugzeug. Damit der fast 1,80 Meter lange Reihensechszylinder mit dem gewaltigen Hubraum von 21,7 Liter in das ursprünglich für einen Vierzylinder gebaute Chassis passte, wurde es verlängert. Eldridge verwendete dazu angeblich Teile eines ausrangierten Busses aus London. Um die Leistung auf schließlich rund 320 PS zu steigern, wurde während der Fahrt reiner Sauerstoff aus einem Vorratstank in die mächtigen Vergaser gepumpt. Ein Job, der vom Copiloten per Hand erledigt werden musste Die Vorderachse liegt für die Technik der Zeit sehr weit vorne. Außerdem bekam das Rekordfahrzeug eine neue, windschnittige Karosserie. An der Antriebsart - zwei Ketten übertragen die Motorkraft auf die Hinterachse - wurde dagegen nichts geändert. Nach erfolgreicher Generalprobe in Brooklands trat Eldridge im Sommer 1924 gegen den französischen Grand-Prix-Pilot Rene© Thomas an, der auf einen Delage mit 350 PS starkem 10,6-Liter-Zwölfzylindermotor setzte. Auf einer schmalen, unbefestigten Landstraße bei Arpajon in der Nähe von Paris wollten beiden den absoluten Geschwindigkeitsrekord knacken. Gemessen wurde dazu die Fahrtzeit über eine Distanz von exakt einem Kilometer. Eldridge erreichte bereits im ersten Versuch den neuen Bestwert von 230,55 km/h. Die Fahrt wurde allerdings von den Sportkommissaren nicht anerkannt, da Eldridges auf den Namen Mefistofele getauftes Ungetüm nicht über den laut Reglement vorgeschriebenen Rückwärtsgang verfügte. Stattdessen ließ sich Thomas, der Sieger des 500-Meilen-Rennen von Indianapolis 1914, mit einer Geschwindigkeit von 230,63 km/h als neuer Rekordhalter feiern. Eine Woche später startete Eldridge einen neuen Versuch. Wie er seinem Mefistofele in so kurzer Zeit einen Rückwärtsgang verpasst hatte, bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen. Am 12. Juli 1924 donnerte er jedenfalls mit einem Durchschnitt von 234,98 km/h über den €žfliegenden Kilometer". Dieses Mal hatten die Offiziellen keine Einwände - John Eldridge und der Fiat Mefistofele hatten einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt.Â
Es sollte das letzte Duell um den Weltrekord auf einer öfentlichen Landstraße sein. Anschließend wurden neue Bestwerte nur noch auf der Rennstrecke oder auf Autobahnen aufgestellt
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